Regen,
Schnee und Hitze
Das Ueker
Ehepaar Sabine und Rainer Christ absolvierte die Tour Transalp
Die Tour Transalp zählt zum faszinierendsten
und spektakulärsten Rennrad-Etappenrennen Europas für Jedermann! Bei der
zwölften Austragung des legendären Wettbewerbs über die Alpen galt es, rund 823
km und fast 20.000 Höhenmeter im Aufstieg und Abstieg zu bewältigen. Die
Torturen nahmen auch das Ueker Ehepaar Sabine und Rainer Christ auf sich.
600
Zweier-Teams aus 24 Nationen starteten bei strömendem Regen am 29. Juni 2014
zur Auftakt-Etappe von Mittenwald nach Sölden über 115 km und 2.475 Höhenmeter.
Zuerst via Leutasch und Buchener Höhe hinab ins Inntal und einige Kilometer
später begann dann schon die Auffahrt zum ersten Gradmesser der 2014er
Transalp-Auflage, dem Kühtai. Auf 1.400 Höhenmetern Anstieg warteten einige
nicht zu unterschätzende Rampen. Der Kühtai fährt sich von Kematen aus sehr
unrhythmisch. Wer seine Kräfte nicht richtig einteilt, wird die Länge des
Passes im oberen Abschnitt unbarmherzig zu spüren bekommen.
Rasant
vorsichtig fuhren wir bei regennasser Strasse vom Pass in rund 2000 Metern Höhe
hinab ins Ötztal. Die letzten 40 Kilometer von Oetz nach Sölden zerrten an
unseren Kräften, weil es stets bergauf ging. Völlig durchnässt vom Dauerregen erreichten
wir nach 5.5 Std. den Zielort Sölden. Endlich im Hotel hauchte eine heisse
Dusche wieder Leben in unsere durchgefrorenen und schlotternden Glieder ein.
Diese erste Etappe hat uns bereits einiges abverlangt und wir waren gespannt
auf die nächsten Etappen.
Timmelsjoch |
Unten
in St. Leonhard angekommen, blieb uns keine Zeit für grosse Verschnaufpausen,
denn die Strecke führte direkt weiter in den 1.400 Höhenmeter langen Anstieg
zum Jaufenpass, der nun aber deutlich bessere Wetterbedingungen bot. Die
Auffahrt stieg glücklicherweise schön stetig und ermöglichte uns einen guten
Rhythmus zu finden. Nach der Abfahrt nach Sterzing ging es auf der
Staatsstrasse bis Franzenfeste und dann über einen letzten kleinen Hügel in die
wunderschöne Domstadt Brixen. Nach knapp 6 Std. Fahrzeit genossen wir unseren
ersten Cappuccino bei schönem und warmem Wetter. Es geht doch!
Doch bereits am nächsten Morgen hatte sich das
Wetter wiederum verschlechtert. Von Brixen ging es u.a. via Nebenstrassen übers
Grödnerjoch nach St. Vigil. Die dritte Etappe mit 90km und 2.300 Höhenmeter sollte
eigentlich unsere Reserven für die kommenden, anspruchsvolleren Tage schonen. Aber
bereits vom Start weg verlief die Etappe hektisch und das sollte sich bis zum
Schluss nicht ändern. Nach der Abzweigung auf eine der engen und steilen
Nebenstrasse gab es sogar einen Stau. Die nächsten 100 Meter mussten wir zu
Fuss absolvieren. Um ca. 12:30 passierten wir das Grödnerjoch und nun folgte
eine 30 km lange Abfahrt nach Zwischenwasser. Auf den letzten 4 km nochmals 200
gemeine Höhenmeter ins Ziel nach St. Vigil, welches wir nach knapp 4.5 Std. gerade
noch vor dem Beginn des Regens erreichten. Morgen folgt dann die Königsetappe.
Nun ist sie die da: die Königsetappe über 5 Pässe,
155 km und 3.500 Höhenmeter. Aufgrund der Länge dieser 4. Etappe erfolgte der
Start bereits um 08:00, also eine Stunde früher als sonst. Regen auf den ersten
70 km und Temperaturen um die 10 Grad Celsius erschwerten die Bedingungen für uns
alle und stellte hohe Anforderungen an Physis und Psyche. Zwischen km 20 und 50
hatte Sabine richtig die Schnauze voll von diesem Wetter und wäre am liebsten
vom Rad gestiegen. Das schlechte Wetter verdeckte leider auch die Sicht auf die
berühmten Drei Zinnen und bis jetzt hatten wir überhaupt nicht viel von der
schönen Umgebung gesehen.
Vom
bekannten Ort Cortina d’Ampezzo ging es rund tausend Höhenmeter hinauf zum
Passo Giau. Plötzlich eine Aufregung; Sabine entdeckte neben der Strasse ein
grosses Transparent mit unseren Namen. Auf den nächsten Kilometern weitere
verschiedene Namens-Transparente und Bilder von uns. Dies setzte Kräfte frei
und wir waren schon gespannt wer da wohl dafür zuständig ist. Uns war ja klar,
dass es eigentlich nur Adam, mein Bruder, sein konnte. Und so war es auch. Kurz
vor der Passhöhe war er mit dem Feldstecher bewaffnet und hat auf uns gewartet.
Die Freude war riesengross. Danke Adam, das hat uns sehr geholfen! Nach einem
kurzen Schwatz ging es auf die 40 km lange Abfahrt auf trockener Strasse nach
Agordo. Dort wartete noch die Zugabe, die diese Etappe zur verdienten Königin
der Transalp 2014 macht. Rund 1.000 Höhenmeter und 35 Kilometer über 2 Pässe
sind noch zu bezwingen. Nach 7.5 Std erreichten wir müde aber happy das Ziel,
wir waren Könige! In diesem Zusammenhang noch ein Auszug aus dem Reglement:
Finisher ist, wer 6 der 7 Etappen absolviert hat. Das hat in der Mixed
Kategorie scheinbar ganze 15 (!) Teams dazu bewogen, diese Etappe auszulassen
um Kräfte zu schonen. Uns ist das egal, wir fahren alle der Etappen.
Nach
der gestrigen Königsetappe ging es heute mit Sonnenschein auf der bereits 5.
Etappe mit 123 km und 3.200 Höhenmeter nicht minder anstrengend weiter. Mit dem
Passo Gobbera und dem Passo Brocon warteten heute gleich zwei Alpenpässe, die
sportlich wie landschaftlich reizvoll waren. Durch abgelegene Bergdörfer führte
die Strecke in der Abfahrt vom Passo Brocon hinab in die Schlucht des Flusses
Cismon. Bei Fonzaso ging es über eine weitläufige Ebene mit Blick auf den
bewaldeten Rücken des 1.674 Meter hohen Monte Grappa weiter bis zum Anstieg
hinauf zum Cima Grappa. Über kurze Rampen mit stellenwiese bis zu 17 Prozent
Steigung führte die Strecke hinauf zum Gipfel, der einen unvergleichlichen
Blick in die Po-Ebene bereithielt. Die kurvige Abfahrt Richtung Semonzo über 22
Kehren erforderte bei uns noch einmal volle Konzentration. Über sechs Kilometer
folgte anschliessend noch einmal ein letzter Anstieg über 130 Höhenmeter bis
zum Ziel im idyllischen Crespano del Grappa in der Provinz Treviso welches wir
nach ca. 6 Std. erreichten. Uns ging es eigentlich noch recht gut und der
Gardasee kam jeden Tag ein Stück näher.
Nach
der Königsetappe durch die Dolomiten am Mittwoch über 155 km sowie der
gestrigen Etappe über 123 km folgte heute das zweitlängste Teilstück der Tour
von Crespano del Grappa bis nach Rovereto. 142 km und 2.900 Höhenmeter galt es
über drei Pässen zu bewältigen. Die Bedingungen für Etappe 6 waren absolut top:
Bei Temperaturen bis 22 Grad Celsius und stellenweise nur leichter Bewölkung
wurde es manchmal richtig heiss. Es sah auch sehr imposant aus als wir zusammen
mit über 1.100 Rennradfahrer an einem Bahnübergang mehrere Minuten warten
mussten bis es weiter ging. Nach einem kurzen Stück entlang des Flusses Brenta
erwartete uns ab Valstanga der wohl skurrilste Anstieg der diesjährigen Tour
Transalp. Über in Fels gehauene Serpentinenstrassen schlängelte sich das Feld
von Kehre zu Kehre hinauf in die Sette Communi, einer altbayrischen Sprachinsel
auf dem grünen Hochplateau um den Hauptort Asiago. Auf leicht kupierten Strassen
hiess es dann erst einmal auf rund 1.000 Metern Höhe Kilometer machen. So wie
es hinauf ging, führte die Strecke auch bergab: Eine ebenso kurvige wie
atemberaubende, in steilen Fels geschlagenen Abfahrt führte uns nach Arsiero.
Hier begann schliesslich der zweite, sogar anspruchsvollere Anstieg dieser
Etappe hinauf zum weitläufigen Hochplateau von Luserna, Folgaria und Lavarone.
Über die 22 Kilometer lange Strecke bis zur Valico di Valbona waren noch einmal
1.500 Höhenmeter zu bewältigen. Weiter ging es über eine weitläufige
Alm-Landschaft mit freiem Blick über den Passo Coe nach Serrada. Durch einige
historische Bergdörfer führte die Strecke schliesslich hinab bis nach Rovereto.
Nach 6 Std. 19 min. war auch diese Etappe geschafft.
Bei Sonnenschein und Temperaturen um die bereits
28 Grad Celsius wurden wir heute um 9.00 Uhr auf die 78 Kilometer kurze Strecke
nach Arco geschickt. Drei Pässe und 2.074 Höhenmeter galt es noch bis zum
finalen Ziel zu überwinden. Mit dem heutigen Finale geht eine Tour Transalp zu
Ende, die den Legendenstatus von Europas spektakulärstem Rennrad-Etappenrennen
für Jedermann unterstreicht. Nach einer
flachen Einrollphase entlang der Etsch, ging es von Avio über einen anfänglich
recht steilen Anstieg hinauf nach Brentonico auf der Rückseite des Monte Baldo.
Im Anschluss folgte die Abfahrt nach Mori durch einen Umgehungstunnel in den
letzten Anstieg Richtung Passo S. Barbara. Auf dem Weg dahin stellte sich uns noch
der kleine, aber fiese Monte Faé in den Weg, der gerade kurz vor der Passhöhe
noch einige harte Rampen bereithielt. Eine Steigung von 18 % auf den ca. 2
letzten Kilometern sowie Temperaturen über 30 Grad zerrten ganz schön an
unseren Kräften. Doch dann war auch dieser Pass geschafft und nur noch einer
von ursprünglich neunzehn stellte sich uns in den Weg zum Ziel in Arco. Nach
einer kurzen Abfahrt ging es auf die letzten 500 Höhenmeter der Transalp hinauf
nach Santa Barbara. Am 5. Juli 2014 um 12:22 war Pass Nr. 19 erreicht, Arco wir
kommen! Auf einer rund 15 Kilometer
langen Abfahrt über eine enge, verschlungene Straße ging es nach Bolognano, gut
zwei Kilometer vom endgültigen Ziel in Arco entfernt. Auf den letzten paar
Kilometer liessen wir unseren Emotionen freien Lauf. Die Strapazen sowie das
schlechte Wetter waren vergessen. Nach 3
Std 35 min fuhren wir gemeinsam in Arco ins Ziel, wir sind FINISHER!
Fazit:
Diese
Transalp hat uns einiges mehr abverlangt als dazumal beim Transalpine Run.
Gründe dazu sind: Wetter (viel Regen, Schnee, dann aber auch heiss), Unterkunft
meistens nicht im Ort, sehr früh aufstehen bzw. sehr spät beim Hotel, Materialcheck
/ -pflege, viel hektischer beim Start / beim Fahren; viel gefährlicher (es gab
einige Unfälle; gesehen haben wir ein paar davon u.a. ein Rad liegend unter
einem Wohnwagen; daneben der Krankenwagen) und schlussendlich die relativ
spärliche (Renn-) Praxis mit dem Rennrad. Das Wichtigste war ohne Unfall
durchzukommen, was wir geschafft haben (manchmal ein Wunder, wenn man sieht wie
da einige den Berg runter 20cm an einem vorbeiflitzen). Von 90 gestarteten
Mixed-Teams fuhren wir mit einer Zeit von 39 Stunden 26 Minuten 55 Sekunden auf
den guten 43. Schlussrang. Wie bereits beim Transalpine Run haben wir uns von
Etappe zu Etappe gesteigert, vom 61. Rang in der ersten Etappe auf den 34. Rang
in der Schlussetappe.
Während
dieser eindrücklichen sieben Tage durften wir die Bekanntschaft von ein paar
netten Menschen machen, die wir hoffentlich wieder einmal sehen werden. An
dieser Stelle einen Genesungsgruss an Oliver, welcher leider auf der 5. Etappe
schwer gestürzt und sich verletzt hat.
Die
vielen Eindrücke und das Erlebte in Worte zu fassen, sei sehr schwer, betonen
die christrunners. Auf jeden Fall sei es ein grandioses, sehr anstrengendes
aber absolut fantastisches Abenteuer gewesen. „Mir fehlt nun nur noch die Bike
Transalp (mit MTB)“, so Rainer Christ.
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